The need for Speed – Der 450er Speedheli Pulse

Speedfliegen ist nur etwas für große Helis? Nein, dachten sich Albert Fruth und Michael Greisinger und machten sich an die Entwicklung eines konsequent auf das Speeden ausgelegten Modells der 450er Größe. Michael Greisinger stellt das Projekt vor.

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Albert Fruth ist in der Szene für seine tollen Lackierungen bekannt. Die gekonnte Lackierung des Pulse stammt natürlich auch von ihm.

Wie bei allem Neuen braucht es auch zu einem ungewöhnlichen Hubschrauber wie dem Pulse folgende Zutaten: eine zündende Idee, die richtige Muse und etwas Wahnsinn. Die Idee zu dem Modell entstand wie bei uns in Bayern oft üblich aus einer Bierlaune heraus: Nachdem der Speedflug aktuell ja sehr modern, aber in der 700er Klasse auch mit entsprechende Kosten verbunden ist, haben Albert Fruth und ich immer wieder über die Voraussetzungen diskutiert, die notwendig sind, um einen Hubschrauber schnell zu machen. Da wir beide aber eher Freunde des gepflegten 3D-Stils sind und da unser Schwerpunkt liegt, durfte das Ganze nicht zu teuer werden. Für die notwendige fliegerische und bautechnische Herausforderung sorgte dann die Entscheidung, die maximale Speed aus Standard-Komponenten der 450er Klasse herauszukitzeln. 188 km/h hatte ich schon mal mit meinem X-Cell Furion 450 geflogen.

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Das fertige 3D-CAD-Modell des Pulse.

Mal sehen, ob mit einem optimierten 450er Speedheli nicht die 200 km/h zu schaffen wären. Die Geschwindigkeit messe ich dabei mit einem GPS-System. Es gibt viele Diskussionen, ob diese Methode genau genug ist oder nicht. Ich verwende sie, weil es die einfachste ist und man keinen Helfer braucht. Vergleichsmessungen mit einer Radarpistole haben gezeigt, dass die Werte gar nicht so weit auseinander liegen, wenn man ein GPS-System verwendet, das kurzzeitige Peaks ausfiltern kann. Angeregt von der technischen und fliegerischen Leistung des ebenfalls aus dem Großraum München stammenden Banshee-Teams blieb uns irgendwann nichts anderes übrig, als dem Wahnsinn seinen freien Lauf zu lassen.

Aber Stop! An dieser Stelle muss ich noch etwas ausholen. Allein mit Wahnsinn und einer Idee ist das nicht ganz zu erklären. Der Leser muss noch wissen, dass Albert beruflich in der Entwicklung bei einem international agierenden Unternehmen, das Maschinen zur additiven Fertigung (Additive Manufactoring = AM) von Bauteilen herstellt. Oder allgemein verständlich gesagt geht es dabei um das Lasersintern von Kunststoff und Metallbauteilen. Ein Traumjob für jeden Modellbauer! Beim Einzelstück Pulse konnte das Fertigungsverfahren Lasersintern seine Stärken voll ausspielen, bietet es dem Konstrukteur doch die Möglichkeit, beliebige und komplexeste Formen ohne Mehraufwand zu fertigen und so Funktionen und Komponenten optimal zu integrieren.

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Der Rotorkopf wurde ebenfalls im Lasersinter-Verfahren hergestellt.

Zurück zur Umsetzung, den Randbedingungen und den daraus resultierenden Eckpfeilern der Konstruktion des Pulse. Randbedingungen ist etwas hoch gegriffen. Eigentlich ist es nur eine: die kompromisslose Auslegung auf maximal erreichbare Geschwindigkeit und das bei Verwendung von gängigen Antriebskomponenten. Da es sich dabei um Standardteile der 450er Größe handeln sollte, waren Motorisierung, Untersetzung, Antriebsakku und die mögliche Rotordrehzahl schon festgelegt. Damit war technisches Wettrüsten mittels Motorleistung ausgeschlossen, einzig über eine schärfere Wicklung hätte man noch nachdenken können. Ansonsten bleibt als Optimierungspotential nur die Aerodynamik übrig. Als Ingenieur der Luftfahrtechnik weiß man, dass man den Luftdruck nicht wirklich beeinflussen kann. Da aber die maximale Geschwindigkeit gewünscht war, blieben nur der cw-Wert und die Stirnfläche übrig. Also hieß es, einen möglichst kleinen, tropfenförmigen Körper ohne große Störungen um die notwendigen Komponenten herum zu legen.

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Auf dem Weg zum Start. Ganz schön klein, der Kleine.

Damit war klar, dass mit einem einstufigen Getriebe mit einem Zahnraddurchmesser von 80 mm kein Blumentopf zu gewinnen sein würde und ein zweistufiges Getriebe verbaut werden musste. Also ab in die 450er Ersatzteilkiste gegriffen, Motor, Servo, Akku auf einem Stück Papier drapiert und noch flugs die Abmessungen des Reisenauer-Getriebes Micro-edition 5:1 aus dem Internet besorgt. Hierbei handelt es sich um ein Planetengetriebe, das sehr wenig Platz benötigt. Der Motor wird damit praktisch nur um ca. 20 mm verlängert. Dann wurde eine tropfenförmige Kontur um die Teile herum gezeichnet, Lagersitze und Wellen grob skizziert und schon war der erste Entwurf fertig. Um die Stirnfläche zu reduzieren, war es notwendig, den Motor liegend anzuordnen und dann den Rotorkopf über ein Kegelzahnradgetriebe mit der Übersetzung 3:1 anzutreiben.

Das alles ging bei Albert wirklich fast so schnell, wie diesen Absatz hier zu tippen. Nur damit ging die Arbeit erst richtig los: Die Komponenten mussten nun im CAD erstellt, hin- und hergeschoben und schließlich platziert werden. Dann hat es sich verselbständigt. Im Rückblick kann man sagen, dass sich dabei ein Arbeitsfluss eingestellte und von Komponente zu Komponente vorwärts konstruiert wurde, bis sich endlich etwas Ansehnliches auf dem Bildschirm tummelte….

Erste Erkenntnisse

Der nächste Rumpf ist schon wieder in Vorbereitung und dann geht es weiter! Als weitere Verbesserung werden dann noch spezielle Speedblätter gebaut. Diese haben ein nicht-symmetrisches Profil, einen entsprechenden Tiefenverlauf und eine Schränkung. Die Form ist schon gefräst und liegt bei mir daheim. Jetzt brauche ich nur noch etwas Zeit, um die Dinger zu bauen… Haben wir die 200 km/h erreicht? Nein, noch nicht, aber wir arbeiten daran…

Michael Greisinger

Den kompletten Beitrag (Entwicklung, Herstellung sowie Erstflug) können sie in ROTOR – Ausgabe 10/2013 lesen (ab 27.9. 2013 im Handel)

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