Graupner – zurück auf Null

Die Insolvenz der Graupner/SJ GmbH in Kirchheim unter Teck sorgte bei so manchem für Sprachlosigkeit. Nach dem Verkauf von Firmenteilen des insolventen Traditionsunternehmens Graupner an die koreanische SJ Incorporated im Jahr 2013, schien das Überleben des Urgesteins zunächst gesichert. Doch Ende 2019 folgte dann ein weiterer Antrag auf Insolvenz, der mit der endgültigen Schließung des Unternehmens endete. Zuerst ein Schock für die vielen Nutzer von Graupner-RC-Anlagen, auf den jedoch bald eine erfreuliche Nachricht folgte: Die Übernahme des Graupner-Vertriebs durch die Firmen D-Power Modellbau und robbe Modellsport. Wie es um die aktuelle Lieferbarkeit steht und was die beiden Vertriebspartner zukünftig geplant haben, hat uns Nicolas Wetzel von D-Power erzählt.

ROTOR: Herr Wetzel, wie kam es zu der Entscheidung, den Vertrieb der Graupner-Produkte zu übernehmen?

Nicolas Wetzel: Es war ein Angebot der Firma Graupner, die uns kontaktierte und anfragte, ob wir den Vertrieb mit einem Partner an der Seite – sprich einem zweiten Vertrieb – für den deutschsprachigen Raum übernehmen wollen.

ROTOR: robbe Modellbau bzw. Lindinger und D-Power teilen sich nun den Vertrieb. Gibt es unterschiedliche Schwerpunkte?

Nicolas Wetzel: Nein, beide Firmen liefern das gleiche Sortiment und mit den gleichen Rechten im deutschsprachigen Raum aus. Es gibt keine Trennung des Sortiments – sprich, Produkt A gibt es nur bei D-Power oder Produkt B bei robbe Modellbau. Wir bieten exakt die gleiche Produktpalette an.

ROTOR: Wie sieht die Zusammenarbeit mit Graupner in Südkorea aus? Sind sie auch an der Entwicklung von Produkten beteiligt?

Nicolas Wetzel: Wir konzentrieren uns auf das, was wir können, und das ist der Vertrieb. Produktentwicklung im Fernsteuerungsbereich können wir definitiv nicht, dafür haben wir auch keine Mitarbeiter. Anders sieht das z. B. bei der Entwicklung von Flugmodellen aus – dafür haben wir Mitarbeiter, die das umsetzen können. Wir sind jedoch in engem Kontakt mit Graupner, wenn es um Kundenvorschläge- oder verbesserungen geht. Und wir sind sehr darum bemüht, dass der eine oder andere Graupner-Mitarbeiter – der in der Vergangenheit in der Entwicklung tätig war – dies auch zukünftig tun wird. Wobei man hier erwähnen sollte, dass Graupner-Korea auch viele nicht-deutsche Entwickler im Team hat, die zuvor das HoTT-System entwickelten, bevor es zum damaligen Zusammenschluss mit der Firma Graupner in Kirchheim kam.

ROTOR: Was können Sie über die zukünftige Verfügbarkeit der Graupner-Produkte sagen?

Nicolas Wetzel: Die Verfügbarkeit wird in diesem Jahr ein großes Thema sein – hierzu muss ich aber etwas weiter ausholen. Hintergrund ist, dass Graupner-Korea immer ein Werk in China besaß, in dem ein großer Teil – oder eigentlich alle Produkte – gefertigt wurden. Dieses Werk wurde nun vor einiger Zeit geschlossen und die Produktion nach Korea verlagert. Dies ist allerdings noch nicht hundertprozentig abgeschlossen und bis dato wurden noch nicht alle Werkzeuge und Maschinen zurückgeführt. Die Produktion muss also in Korea komplett neu aufgebaut werden.

Es werden im April einige Artikel zur Verfügung stehen, allerdings nur in sehr geringen Stückzahlen, die noch aus der Produktion in China stammen. Dies sind also Restbestände, die nach Korea zurückgeführt, für uns aufbereitet und bei uns im Handel erhältlich sein werden. Erwähnt werden sollte aber, dass das eine schwindend geringe Menge ist. Auf dem Markt besteht eine enorme Nachfrage – wir gehen allerdings davon aus, dass wir nur einen Bruchteil der Kunden erreichen werden. Graupner-Korea arbeitet aber mit Hochdruck daran, die Produkt in Korea wieder zu produzieren. Zwei Empfängertypen wurden dort bereits gefertigt, der GR-16 und der GR-24 – hier sieht es mit der Verfügbarkeit entsprechend besser aus.

Priorität hat nun, dass alle Produkte – und vor allem das Kernsortiment, bestehend aus Fernsteuerungen und Empfängern – schnellstmöglich nachproduziert werden. Dies benötigt jedoch Zeit, da wir im Zuge dessen z. B. auch die Kartonagen überarbeiten. Wir hoffen, dass wir zumindest die wichtigsten Artikel bis Ende des Jahres komplett listen und anbieten können. Wir haben aktuell nur die Produkte gelistet, die in einem gewissen Zeitfenster geliefert werden und von denen wir wissen, dass die Produktion läuft bzw. dass sich die Ware auf dem Weg zu uns befindet. Dies ist auch der Grund, warum der Kunde zurzeit nicht das ganze Graupner-Portfolio auf unserer Webseite findet.

Fast alles, was Graupner-Koera herstellt, sprich die elektronischen Komponenten, werden wir auch wieder anbieten: Fernsteuerungen, Empfänger, Servos, Ladegeräte, Telemetriemodule und verschiedene Schaltbausteine.

ROTOR: Werden ggf. auch Produkte, die bisher angeboten wurden, wegfallen?

Nicolas Wetzel: Wir reden hier hauptsächlich über die Produktsparte »Graupner RC« mit den dazugehörigen Ladegeräten und Servos. Dazu zählen allerdings nicht die weiteren Marken, die Graupner / SJ in Kirchheim im Programm führte – wie OS-Motoren, Thundertiger-Helis, Flite-Produkte usw. Das sind alles Marken, die wir nicht weiterführen werden. Wir konzentrieren uns ausschließlich auf die Produkte, die Graupner-Korea selbstständig produziert.

ROTOR: Wie sieht es hinsichtlich Preisgestaltung aus – muss mit einer Preiserhöhung gerechnet werden?

Nicolas Wetzel: Wir haben zunächst die UVP von Graupner übernommen. Diese wird zunächst auch gehalten und es wird keine Preiserhöhungen geben. Hier ist von unserer Seite nichts anderes geplant.

ROTOR: Wie sieht es zukünftig mit einer Service-Stelle für den Kunden aus?

Nicolas Wetzel: Es wird voraussichtlich einen externen Service für Endverbraucher, sprich für Garantie- und Reparaturabwicklungen etc. geben. Daran arbeiten wir mit robbe Modellbau bereits zusammen und werden, sobald etwas spruchreif ist, darüber informieren. Auch dies benötigt Zeit, da wir ohne Hardware und Spezialwerkzeuge nicht damit anfangen brauchen. Der Bedarf ist enorm hoch, aber um das umzusetzen, müssen noch einige Dinge geklärt werden und auch das Material für die Reparatur muss vorhanden sein. Auch der Download von z. B. der Firmware ist noch so eine Sache – voraussichtlich ab April können wir aber auf unserer Webseite entsprechende Firmware anbieten.

ROTOR: Herr Wetzel, herzlichen Dank für das Interview und Ihnen sowie der Firma robbe Modellsport weiterhin viel Erfolg.

UPDATE: Ein Graupner-Sevicestelle wurde mittlerweile eingerichtet. Alle Infos zur Service-Abwicklung finden Sie unter https://www.graupner-service.de/. Eine Telefon-Hotline ist erreichbar unter 05939-9599190

⇢ Das Interview wurde veröffentlicht in Ausgabe 5/2020. Ausgabe bestellen

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